C/1264 N1 (Großer Komet)
Die im Mittelalter und in der frühen Neuzeit allgegenwärtige Kometenfurcht gebahr vor allem im europäischen Raum so manche grotesk übertriebene Beschreibung oder Abbildung von Schweifsternen. Doch es gab tatsächlich einen Kometen, der den wildesten Alpträumen jener vorwissenschaftlichen Zeit entsprach. C/1264 N1 wurde am 17.07.1264 erstmals in Frankreich in der Abenddämmerung gesichtet, wenige Tage später dann auch anderswo in Europa und in Japan. Nach seiner Perihelpassage, die vermutlich am 20.07.1264 in 0.82 AE Sonnenentfernung erfolgte, zog er sich vom Abendhimmel zurück, um ab dem 25. Juli in der Morgendämmerung wieder aufzutauchen. Als C/1264 N1 (wahrscheinlich) am 29.07.1264 in nur 0.18 AE Entfernung an der Erde vorbeizog, präsentierte er sich mit einem 100 Grad langen und offenbar (durch Synchronen?) aufgefächertem Schweif. Anders als der in gewisser Weise vergleichbare Hyakutake (C/1996 B2) erfolgte die Erdpassage beim großen Kometen des Jahres 1264 nach dem Perihel. Dementsprechend - und dies deckt sich mit den Quellenangaben - war der lange Schweif ein heller Staubschweif. Hyakutakes ähnlich langer Schweif war dagegen ein blasser Gasschweif. War schon C/1996 B2 unter dunklem Himmel eine überaus beeindruckende Erscheinung, so kann man ahnen, wie gewaltig sich C/1264 N1 präsentierte. Nach chinesischen Angaben war er 4 Monate mit bloßem Auge sichtbar, also bis in den November 1264 hinein. Dabei änderte er offenbar sein Aussehen. Koreanische Beobachter notierten, dass die zuvor gesichteten Schweifstrahlen sich im August wieder zu einem Schweif vereinigten. Als die Erde um den 22.08.1264 durch die Bahnebene der Kometen zog, änderte sich der Blickwinkel. Dadurch erschien der Schweif wohl wieder heller und länger; jedenfalls werden um den 11.09.1264 von den Koreanern erneut enorme Schweiflängen verzeichnet. C/1264 N1 ist durch zahlreiche Quelle so gut belegt, dass anders als bei X/1106 C1 zumindest annähernd ein Orbit berechnet werden konnte, welcher durch die Angaben zum wechselnden Aussehen des Schweifs bestätigt wird.
So unglaublich C/1264 N1 am Nachthimmel in Erscheinung trat, ist er doch der einzige unserer Top 10-Kometen, welcher (wahrscheinlich) nicht am Taghimmel sichtbar war.
Von C/1264 N1 sind keine Zeichnungen aus dem Mittelalter überliefert. Die hier wiedergebene bekannte Abbildung des Schweifsterns wurde offenbar an Hand historischer Aufzeichnungen angefertigt - allerdings erst im 19. Jh. für den "Illustrated London Almanack 1847".
Literatur:
SEARGENT, DAVID (2009): The Greatest Comets in History. 260 S., Springer Science & Business Media, New York.
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