Mittwoch, 17. Januar 2007

Komet McNaught und die Medien

Das war er also nun, der zweithellste Komet der letzten 70 Jahre. Zugegeben, er stand nicht wie Hale-Bopp und Hyakutake mit mächtigem Schweif am Nachthimmel. Selbst als er so hell wie die Venus wurde, nahm ihm die Nähe zur Sonne viel von seiner Brillanz. Hinzu kam das vor allem im nördlichen Mitteleuropa durchweg schlechte Wetter der ersten Januar-Dekade. Wer z.B. in Hannover wohnt und nichts von McNaught wusste, verpasste auch nichts. Und die Chancen, von McNaught nichts zu wissen, waren recht gut, zumindest bis zum Abend des 09.01.2007. Bis dahin war C/2006 P1 eigentlich nur in der engeren astronomischen Szene bekannt, und zwar vor allem bei denjenigen, die regelmäßig astronomische Informationsseiten besuchen.
Nun kann man sich natürlich fragen, warum niemand Presse und Fernsehen informiert hatte. Immerhin hatte Daniel Fischer, der bekannte Astro-Journalist, bereits im November auf die Möglichkeit hingewiesen, dass es im Januar zu einer imposanten Kometenerscheinung kommen könnte. Das war nicht nur in seinem englischsprachigen Cosmic Mirror, sondern auch in seinem weit verbreiteten deutschsprachigen Oculum-Newsletter nachzulesen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Komet zumindest so um die 0. Größenklasse erreichen könnte, war demnach recht hoch. Daraufhin haben wir noch am gleichen Abend eine Seite für McNaught im Kometen.info eingerichtet. Auch Astrocorner publizierte umgehend einen Beitrag.

Doch es blieb ruhig um Komet McNaught. Das lag natürlich auch daran, dass seine Bahn so ungünstig verlief, dass er von Ende Oktober bis Ende Dezember nur sehr gelegentlich unter extremen Umständen beobachtet werden konnte. Die Kometenkenner übten sich jedenfalls in ziemlicher Zurückhaltung. Seit dem legendären Flop mit Kohoutek im Jahr 1973, der als Jahrhundert-Komet angekündigt zum unscheinbaren Durchschnitts-Kometen wurde, gehört es wohl zu den Urängsten der Experten, sich mit der Ankündigung eines hellen Schweifsterns, der nicht hält, was er verspricht, zu blamieren.
Ende Dezember war McNaught wieder besser zu beobachten und Anfang Januar war eigentlich klar, dass er zumindest in den oben genannten Bereich von 0 mag vordringen würde - und das sollte alle mal reichen, um ihn mit einem Opernglas in der Dämmerung zu erspähen. Doch weder jetzt noch am folgenden Wochenende, als bereits die gesamte amateurastronomische Szene nach Wolkenlücken jagte, um den Kometen zu erspähen, nahmen die Medien Notiz.
Das änderte sich erst am späten Abend des 08.01.07: Martin Wagner hatte C/2006 P1 in der Abenddämmerung fotografiert und seine Digitalbilder an Jörg Kachelmann geschickt, der diese im Wetterbericht der Tagesthemen vorstellte. Wir haben die Sendung nicht gesehen, aber offenbar wurde nicht deutlich genug gemacht, dass jeder diesen Kometen nun sehen kann, andernfalls hätte sich was an den Besucherzahlen im Kometen.info tun müssen. Am 08.01.07 hatte unsere McNaught-Seite 689 Besucher gehabt, und am 09.01.2006 blieben die Zahlen bis zum späten Nachmittag sogar hinter dem Vortag zurück. Erst als an diesem Dienstag gegen 19.15 das Thema McNaught samt eindrucksvollen Fotos in der "Heute"-Sendung des ZDF präsentiert wurde, gingen die Zugriffszahlen binnen 15 Minuten rasant nach oben. Nun war der Komet also wirklich in der Öffentlichkeit angekommen, eher zufällig, denn Auslöser des ZDF-Beitrags waren nicht etwa Pressemitteilungen, sondern Digital-Fotos gewesen, die Amateurastronomen eingereicht hatten.
Am nächsten Tag wachte auch RTL auf und suchte per Rundmail verzweifelt nach Bildern vom Kometen. Im Laufe der Woche gab es noch weitere Beiträge über McNaught in den TV-Nachrichten. Kometenfreie Zone war nach wie vor die Presse; im Bonner General-Anzeiger ist bis heute kein Beitrag zu McNaught erschienen, obwohl die Volkssternwarte Bonn eine ausführliche Infoseite zum Kometen unterhielt. Immerhin, das regionale Boulevard-Blatt nahm sich des Schweifsterns am 13.01.07 an und wies in einem grausam recherchierten Artikel auf die Sichtbarkeit in der Dämmerung hin - etwas zu spät ...

Doch kann man nicht den Medien alleine den Vorwurf machen, gefragt sind vielmehr diejenigen, die auf rechtzeitige Pressemitteilungen verzichtet haben. Man sollte bedenken, dass das Interesse auch an einem "kleinen" Kometen, wie es z.B. vor 2 Jahren Machholz war, riesengroß ist. Ich erinnere mich noch genau, wie gut besucht im Januar 2005 ein Beobachtungsabend der Volkssternwarte Bonn war - die meisten waren nur gekommen, um Komet Machholz gezeigt zu bekommen. An McNaught hätten sich viele Nicht-Astronomen und Naturbeobachter genauso erfreut, selbst wenn er nur als Nebelfleckchen im Fernglas zu sehen gewesen wäre.

Vielleicht sollte man Kriterien ausarbeiten, bei deren Erfüllung dann "Kometen-Alarm" in den Medien ausgelöst wird; d.h., wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass in Kürze ein Komet mit bloßem Auge sichtbar wird, läuft die Pressearbeit an. Ein gelegentlicher Fehlalarm muss eben in Kauf genommen werden - Kometen sind nun einmal unberechenbare Wesen ...

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