Nachdem es bis in den Nachmittag hinein geregnet hat, klart es gegen
Abend plötzlich auf. Es ist kurz nach 17 Uhr, eigentlich müsste man die
Venus jetzt sehen. Also nichts wie raus zum Messdorfer Feld.
Hier angekommen entdecke ich dann, dass ganz tief am Südwest-Horizont
doch eine Wolkenbank liegt, aber gleich darüber blinzelt mir die Venus zu. Ich schnappe mir das kleine Taschenfernglas, das immer griffbereit im Auto liegt und spaziere ins Messdorfer Feld hinaus. Mit viel Glück wird man in einer Woche 20 Grad rechts von der Venus Komet McNaught
sehen können. Was man heute sieht, ist jede Menge Feuerwerk; es ist
schon immer so gewesen, dass viele Leute einen Teil der Sachen
zurückhalten und sie erst am Neujahrsabend oder irgendwann in einer
lauen Sommernacht abbrennen - ich hatte früher eigentlich immer
Feuerwerk im Haus, und zu besonderen Anlässen wurde es herausgeholt und
abgebrannt.
Venus
verschwindet bald hinter der Wolkenbank, die aber offenbar nicht - wie
zunächst befürchtet - näher rückt. Ich plane einen Rundgang, doch dann
ist da eine mehr als große Pfütze. Da ich nur Halbschuhe anhabe, ist ein
Ausweichen durch die aufgeweichten Äcker nicht angesagt. Also spaziere
ich auf dem gleichen Weg wieder zurück, den Blick jetzt nach Süden
gerichtet, wo um 17.44 ein Iridiumflare
(-0 mag) auftauchen soll. Ich frage mich schon, ob ich ihn verpasst
habe, als der Satellit dann doch aufleuchtet. 0 mag haut hin, er ist
etwa so hell wie Vega.
Für 18.00 Uhr ist ein Überflug der ISS angekündigt (s. Grafik oben); die
Wartezeit vertreibe ich mir mit weiterer Feuerwerkbeobachtung.
Ich entdecke die Raumstation bereits tief im Westen, sie hat einen
leicht rötlichen Farbton, der besonders auffällt, als sie an Atair
vorbeizieht. Kürzlich wurde in einem Forum gepostet, dass die Station
nach den jüngsten Umbauarbeiten diesen Rotstich bekommen habe. Wenn da
wirklich was dran ist, hängt es aber auch vom Blickwinkel ab; als die
Station Richtung Südost abzieht, ist die Farbe wieder fast das gewohnte
Weiß. Im Fernglas erkennt man deutlich, dass die ISS einen beachtlichen
Winkeldurchmesser haben muss - sie erscheint eindeutig als Scheibchen,
etwa so wie Jupiter.
Um 19.00 soll noch ein -7 mag Iridiumflare
folgen; so lange möchte ich aber hier doch nicht warten. Ich fahre also
erst einmal zum Büro, koche Tee und frage die Emails ab. Dann spaziere
ich so gegen 18.50 gemütlich zum Rheinufer hinunter. Der Flare wird
knapp über dem Kasten des Großen Wagens erscheinen. Ich halte also dieses Areal im Blick und bin gespannt. Ich habe zwar schon eine Reihe von Iridiums
gesehen, gezielt oder zufällig, doch waren davon nur 2 heller als -3
mag, und die habe ich aus dem Auto bzw. hinter Hochnebel gesehen. Wieder
entdecke ich den Satelliten, als er gerade sichtbar wird. Die
Helligkeit nimmt kontinuierlich zu, nach ein paar Sekunden ist er schon
so hell wie die benachbarte Kapella.
Dann geht es geradezu exponentiell weiter; fast schlagartig blitzt er
wie ein Scheinwerfer in rein weißer Farbe auf, und genauso schnell ist
er dann auch wieder verschwunden. Schon eindrucksvoll. Wer so was
zufällig und ohne Vorwissen sieht, mag durchaus an ein UFO oder eine
Supernova glauben; tatsächlich postet fast jede Woche ein perplexer
Zeitgenosse seine scheinbar unerklärliche Beobachtung in ein
Astro-Forum. Wer weiß, so mancher entdeckt auf diese Art vielleicht sein
Interesse an der Himmelskunde ...